„Die Welt ist ja nicht produktiv mit dem Begriff des Wirtschaftswachstums oder mit all diesen Kapitalbegriffen und allem was damit zusammenhängt. Nein, der Kunstbegriff muß den degenerierten Kapitalbegriff ersetzen. Kunst ist das eigentlich konkrete Kapital, und das muß bewußt werden. Es ist nicht wahr, Geld, Kapital kann nicht Wirtschaftswert sein, sondern Kapital ist Menschenwürde und Kreativität. Und dementsprechend muß ein Geldbegriff entwickelt werden, der möglich macht, daß Kreativität, das heißt Kunst, Kapital ist. Kunst ist Kapital, und das ist keine Spinnerei, das ist real vorhanden. Also Kapital ist das was Kunst ist. Kapital ist die menschliche Fähigkeit und das was aus ihr erfließt. Also nur zwei Organe an der Sache oder zwei polare Bezüge: Die Kreativität und die Intention des Menschen, woraus ein Produkt kommt, das sind Wirtschaftswerte, alles weitere nicht. Geld ist keiner. Und wir haben einen Kapitalbegriff, da pfuscht ein Wirtschaftswert dazwischen, der alles kaputt macht, der deshalb die Wirtschaft veranlasst, an Profit zu denken, an Ausbeutung zu denken, usw. Es gibt nur die Fähigkeit des Menschen und das was aus ihr erfließt. Und das kann in einer dauernden Diskussion zwischen den Menschen immer wieder neu besprochen werden und in eine unendliche Produktivität übergehen, die die Welt aufbaut, umbaut, unter Umständen einen ganz neuen Kosmos aufbaut und eben nicht zerstört. Das ist ja gar kein Wachstum, das nennen die Wachstum. Es ist aber ein Schrumpfungsprozeß. Weil das äußere Wachstum wie eine Krebsgeschwulst natürlich sich weiter entwickelt, ist der eigentliche Prozeß natürlich der Todesprozeß.“ Joseph Beuys 1986 in V. Harlan „Was ist Kunst“.